SoundInsightN°5

01
Gesamtinflation sinkt unter Kerninflation
02
Frühindikatoren deuten auf einen Abschwung hin
03
Verlängerung der Laufzeiten bei Anleihen
04
US-Aktien neu untergewichtet

Bonds

Übersicht
Zinsniveau
Risikoaufschläge
Nicht attraktivAttraktiv

Equities

Übersicht
Risikoprämie
Frühindikatoren
Risikoindex
Nicht attraktivAttraktiv
Veröffentlicht am 19.4.2023 von Christian Luchsinger

Wirtschaft am Scheideweg

Das höchste Zinsniveau seit 2008 fordert seinen Tribut im Finanzsektor. Weitere Effekte des aktuellen Straffungszyklus der Notenbanken dürften sich über die nächsten Monate bemerkbar machen.

Höhere Zinsen bedeuten eine tendenziell sinkende Geldmenge, teurere Finanzierungen, rückläufige Investitionen, weniger Konsum und damit eine wirtschaftliche Kontraktion. Soweit der Fahrplan der Zentralbanken, welche damit noch immer das Ziel verfolgen, die Inflation einzudämmen. Obwohl die negativen wirtschaftlichen Effekte einer Zinsstraffung zum Allgemeinwissen eines Ökonomen gehören, scheiden sich aktuell die Geister darüber, wie stark die Zinserhöhungen der letzten zwölf Monate die Weltwirtschaft treffen werden.

Fakt ist, dass sich die US-Inflation seit Juni 2022, also rund drei Monate nach Beginn der Zinsstraffung, in einem Abwärtstrend befindet. Im März hat die Inflation über ein Jahr gemessen mit rund 5% den tiefsten Stand seit Mai 2021 erreicht. Haupttreiber dabei war jedoch der Ölpreis, welcher im gleichen Zeitraum knapp 40% nachgab. Exkludiert man die Lebensmittel und Energiepreise aus der Messung, resultiert eine hartnäckige Kerninflation, welche seit 2022 nahezu unverändert über 5,5% liegt. Auffällig dabei ist, dass im letzten Monat die US-Gesamtinflation unter die Kerninflation gefallen ist. Ein Blick auf Europa bestätigt diesen Trend, da dort die Kerninflation im Gegensatz zur Gesamtinflation seit 2021 kontinuierlich weiter ansteigt. Es liegt somit auf der Hand, dass die Aufgabe der Notenbanken in Bezug auf die Inflationsbekämpfung noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Dennoch deuten zahlreiche Frühindikatoren auf einen Abschwung der Wirtschaft hin, womit im kommenden Mai die letzte Zinserhöhung der US-Notenbank im aktuellen Zyklus erfolgen dürfte.

Die US-Wirtschaft zeigte sich bisher vor allem in Bezug auf den Arbeitsmarkt sehr widerstandsfähig. Damit blieb den Währungshütern keine andere Wahl, als den Straffungskurs fortzuführen. Die aktuellen Ereignisse im Finanzsektor zeigen jedoch, dass sich die Wirtschaft in einem fragilen Zustand befindet, in welchem die negativen Folgen der hohen Zinsen rasch außer Kontrolle geraten können. Da hohe Zinsen in der Wirtschaft erst verzögert ihre Wirkung entfalten, überrascht es nicht, dass sich die Weltwirtschaft erst rund ein Jahr nach Beginn der Zinsstraffung am Scheideweg befindet. Der internationale Währungsfonds (IWF) hat in seiner kürzlich publizierten Studie die Wachstumsaussichten für die globale Wirtschaft reduziert und schätzt, dass die Weltwirtschaft mittelfristig nicht zu den Wachstumsraten zurückkehren dürfte, die vor der Pandemie herrschten. Die in Washington, D.C., ansässige Institution erklärte, dass in fünf Jahren mit einem weltweiten Wachstum von etwa 3% zu rechnen sei. Dies entspricht der niedrigsten mittelfristigen Prognose in einem IWF-Bericht seit 1990. Ebenfalls wird in der Publikation bekräftigt, dass neben einer geldpolitischen Straffung zusätzlich neue Bedenken hinsichtlich der Finanzstabilität einen negativen Einfluss auf das Wachstum haben dürften. Dies zeigt sich bereits in rückläufigen Kreditvolumen.

Erwartungsgemäß haben die US-Banken die Bedingungen für die Kreditvergabe bereits verschärft. Auch in Europa ist die Kreditvergabe der Banken drei Monate in Folge gesunken, was sonst nur in wirtschaftlichen Krisenzeiten der Fall ist. Während die Kreditverfügbarkeit aktuell sinkt, werden die Effekte davon jedoch verzögert wahrgenommen. Die Frühindikatoren im verarbeitenden Gewerbe deuten bereits darauf hin, dass sich der Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten entspannen dürfte. Ein signifikanter Anstieg der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung wäre für die Notenbanken das fehlende Puzzle-Teil in Bezug auf die erfolgreiche Bekämpfung der Teuerung. Dies dürfte jedoch mit tieferen Unternehmensgewinnen und folglich einer Rezession einhergehen. Gemäß den Schätzungen von Bloomberg Economics ist die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession im laufenden Jahr bei 100%.

Die steigende Visibilität in Bezug auf eine erfolgreiche Inflationsbekämpfung bekräftigt uns in der Präferenz langlaufender Staatsanleihen und erstklassiger Unternehmensanleihen. Hier nutzen wir das attraktive Zinsniveau für eine weitere Verlängerung der Laufzeiten, da im Hinblick auf eine wirtschaftliche Abschwächung Anleihen von hoher Qualität wieder ihre diversifizierende Wirkung entfalten dürften. Die regionalen Unterschiede für USD, GBP, EUR und CHF bleiben jedoch bestehen. Die Risikoaufschläge dürften aus unserer Sicht noch steigen, weshalb wir in Bezug auf Kreditrisiken weiterhin eine defensive Positionierung empfehlen. Aktien bleiben untergewichtet. Die starken Kursgewinne in den USA nehmen wir zum Anlass, die Region und damit auch die damit verbundene starke Gewichtung von Technologiewerten zu reduzieren. Grund dafür ist unter anderem auch der Abbau von Konzentrationsrisiken, da im ersten Quartal rund 87% der Kursgewinne von nur zehn Unternehmen kamen.

Appendix

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