SoundInsightN°37
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US-Arbeitsmarkt - Vom Stabilitätsanker zum Risikofaktor
Im Herbst 2025 rückt der US-Arbeitsmarkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Nach einer Phase straffer Geldpolitik hat die Federal Reserve erstmals seit Ende 2024 die Zinsen gesenkt. Investoren blicken nun besonders auf die Beschäftigungszahlen, da sie entscheidend für Konjunktur und geldpolitischen Kurs sind. Die jüngsten schwachen Jobdaten haben die Erwartungen an weitere Lockerungen verstärkt. Der US-Arbeitsmarkt bleibt damit ein Schlüsselfaktor für Konsum, Unternehmensgewinne und die Stimmung an den Finanzmärkten - ein guter Zeitpunkt für eine Einordnung.
Zentrale Entwicklungen
Seit Frühjahr 2025 hat sich die Dynamik am Arbeitsmarkt merklich abgeschwächt. Zwischen April und Juli kam der Beschäftigungsaufbau nahezu zum Stillstand: Im Juni entstanden nur noch 14.000 neue Stellen - nach 158.000 im April. Im Dreimonatsdurchschnitt lag das Plus bei lediglich 35.000 Jobs und damit klar unter der Schwelle, die zur Stabilisierung der Arbeitslosenquote nötig wäre. Diese stieg im August auf 4,3 % - den höchsten Stand seit fast vier Jahren.

Der Job-Boom war eine Fata Morgana
Eine vorläufige Revision der Statistikbehörde BLS hat die Schwäche zusätzlich verdeutlicht: In den zwölf Monaten bis März 2025 wurden rund 911.000 weniger Stellen geschaffen als bisher angenommen. Damit lag das monatliche Stellenwachstum nur noch bei 71.000 statt bei 147.000. Politische Eingriffe - wie die Absetzung der BLS-Direktorin durch Präsident Trump nach enttäuschenden Juni-Daten - verstärken zudem die Zweifel an der Datenqualität.

Staat und Demografie als Bremsklötze
Zusätzlich belasten Sonderfaktoren den Arbeitsmarkt: Strengere Einwanderungsregeln und Rückwanderung verringern das Arbeitskräfteangebot, während Budgetkürzungen im öffentlichen Dienst seit Januar fast 100.000 Jobs kosteten. Auch die Industrie spürt die Folgen neuer Importzölle und verzeichnete im Sommer den vierten Monat in Folge Stellenverluste.
Langfristig wirkt zudem die Demografie: Das Congressional Budget Office (CBO) hat seine Bevölkerungsprognose deutlich gesenkt. Für 2035 werden 4,5 Millionen Menschen weniger erwartet als noch zu Jahresbeginn, vor allem wegen geringerer Zuwanderung und niedriger Geburtenraten. Das langsamere Bevölkerungswachstum reduziert direkt das Arbeitskräfteangebot. Inzwischen reichen laut Bloomberg-Ökonomen bereits rund 70.000 neue Jobs pro Monat, um die Arbeitslosenquote stabil zu halten, weniger als die lange gültige Faustregel von 150.000.
Interpretation und Einordnung
Analysten richten den Blick zunehmend auf den Konjunkturzyklus: Laut Bloomberg Economics dürfte der Beschäftigungsboom bereits im zweiten Quartal 2024 seinen Höhepunkt überschritten haben. Seither hat sich das Wachstum deutlich abgeschwächt, in manchen Monaten gab es sogar leichte Rückgänge. Damit könnte die US-Wirtschaft entweder an der Schwelle zur Rezession stehen - oder sich bereits am Beginn einer neuen Aufschwungphase befinden. Hinweise auf eine Trendwende im Sommer 2025 mehren sich: Nach Einschätzung von Bloomberg wurde der Tiefpunkt im Juni erreicht.
Fed-Reaktion und Marktfolgen
Die Federal Reserve hat auf die Abkühlung reagiert und am 17. September 2025 den Leitzins um 25 Basispunkte gesenkt. Fed-Chef Jerome Powell sprach von einem vorsorglichen «Risk-Management»-Schritt und signalisierte Offenheit für weitere Lockerungen.
Die Märkte reagierten prompt: Renditen von US-Staatsanleihen gaben am kurzen Ende nach, während die langfristigen Zinsen leicht anzogen. Die Zinskurve wurde dadurch steiler. An den Aktienmärkten profitierten insbesondere zinssensitive Technologiewerte, während breite Indizes verhaltener reagierten. Die Kurse von Unternehmensanleihen und anderen risikobehafteten Anlageklassen legten zu.
Ausblick
Mit der geldpolitischen Wende verschiebt sich der Fokus der Fed vom Kampf gegen Inflation hin zur Stützung des Arbeitsmarkts. Gleichzeitig birgt dieses Szenario die Gefahr, dass das Thema Inflation plötzlich wieder in den Vordergrund rücken könnte. Entsprechend fragil zeigt sich das makroökonomische Umfeld und verlangt von Anlegern besondere Aufmerksamkeit bei der Positionierung.
- Anleihen: Wir halten an unserer Positionierung in längeren US-Laufzeiten fest. Sollten sich die Wachstumsaussichten eintrüben und die Zinsen weiter sinken, würden wir die Duration wieder auf Benchmark-Niveau anpassen.
- Aktien: Das Übergewicht im Versorgersektor haben wir nach starker Outperformance neutralisiert. Chancen eröffnen sich nun durch die Abwertung des US-Dollar und die attraktive Bewertung in China. Entsprechend haben wir die Gewichtung von Schwellenländeraktien auf «Übergewichten» erhöht - mit klarem Fokus auf China.
- Alternative Anlagen: Gold bleibt für uns attraktiv, weshalb wir an einer Übergewichtung festhalten. Nach dem kräftigen Anstieg von über 40 % in USD seit Jahresbeginn bietet es sich jedoch an, Teilgewinne mitzunehmen, sofern der Portfolioanteil zu gross geworden ist.
Für Anleger bleibt entscheidend, ob die Arbeitsmarktschwäche zu einer sanften Landung, einer tieferen Abkühlung oder dem Beginn eines neuen Zyklus führt. Im Idealfall geht die Inflation weiter zurück, ohne dass es zu massivem Stellenabbau kommt - so könnte die Fed die Zinsen behutsam senken und damit risikoreiche Anlagen stützen.
Unser Anlagekomitee behält die Lage genau im Blick und passt die Strategie bei Bedarf entschlossen an, mit dem Ziel, Chancen zu nutzen und Risiken frühzeitig abzufedern
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Zinsniveau, Risikoaufschlag, Bewertung, Wirtschaftsentwicklung, Anlegerstimmung und -positionierung. Das sind die zentralen Faktoren. Sie entscheiden über den Erfolg an den Finanzmärkten. Besonders in turbulenten Zeiten, wenn die Versuchung besonders gross ist, irrational den Schlagzeilen hinterherzulaufen. - Vergleichbarkeit über Ort und Zeit
Die genannten Faktoren sind für alle Märkte und zu jeder Zeit gleichermassen relevant. Dies ergab sich aus einem strengen «Backtesting», welches sich rollend in die Zukunft fortsetzt. - Bündeln unserer kumulierten Anlageerfahrung
Unsere Stärke liegt in den langjährigen Erfahrungen unserer Partner und Principals. Genau diese Erfahrungen fassen wir zusammen und machen sie mittels SoundInsights anwendbar. - Transparenz
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Datenquelle: Bloomberg, BofA ML Research