SoundInsightN°30

01
Märkte reagieren heftig auf neue US-Zölle.
02
Qualität, Liquidität und Diversifikation bleiben Schlüssel.
03
Rücksetzer bieten gezielte Einstiegsgelegenheiten.

Anleihen

Einschätzung
Zinsniveau
Risikoaufschläge
Nicht attraktivAttraktiv

Aktien

Einschätzung
Risikoprämie
Frühindikatoren
Risikoindex
Nicht attraktivAttraktiv
Veröffentlicht am 25.4.2025 von Christian Luchsinger

Zwischen Crash und Chance

Der Monatsbeginn stand im Zeichen erheblicher Marktverwerfungen. Der globale Aktienmarkt verlor in nur zwei Tagen knapp 10% an Wert. Ein Einbruch, der in seiner Geschwindigkeit nur von der globalen Finanzkrise und der Corona-Pandemie übertroffen wurde. 

Diese Entwicklung hat bei vielen Privatanlegerinnen und -anlegern Verunsicherung ausgelöst. Der plötzliche Rückschlag wirft zentrale Fragen auf: Was bedeutet das für mein Portfolio? Und wie geht es nun weiter?

In diesem Beitrag ordnen wir die aktuelle Lage ein, analysieren die wesentlichen Risiken wie auch mögliche Chancen. Darüber hinaus teilen wir unsere Einschätzung, welches Szenario wir derzeit für am wahrscheinlichsten halten und wie wir uns an den Märkten positionieren.

Was ist passiert?

Die US-Regierung unter Präsident Trump hat Anfang April umfangreiche Zollerhöhungen angekündigt, ein markanter Schritt in Richtung Deglobalisierung. Diese Massnahmen stellen nicht nur das internationale Handelssystem in Frage, sondern sorgen auch auf Unternehmens- und Investorenseite für erhebliche Verunsicherung.

Die Reaktion an den Finanzmärkten fiel entsprechend negativ aus: Binnen weniger Handelstage verloren die globalen Aktienmärkte zeitweise über 10 Billionen US-Dollar an Marktkapitalisierung. Ein Rückgang, der dem gemeinsamen Bruttoinlandsprodukt von Deutschland, Japan und Kanada entspricht. Diese Dimension verdeutlicht, welch enorme wirtschaftliche Signalwirkung die neue Zollpolitik entfaltet hat.

Gleichzeitig geriet der US-Dollar unter Druck, da zahlreiche Analysten ihre bisherigen Prognosen einer anhaltenden wirtschaftlichen Dominanz der USA infrage stellen. Die plötzliche handelspolitische Wende nährt Zweifel an der Stabilität des wirtschaftlichen Kurses und führt zu Kapitalumschichtungen. Klassische „sichere Häfen“ wie Gold profitierten deutlich von der gestiegenen Unsicherheit.

Der Auslöser war politisch, die Auswirkungen sind wirtschaftlich: Die neuen Handelsbarrieren werden von Investoren als klare Belastung für das globale Wachstum gewertet. Unternehmen agieren zunehmend zurückhaltend bei Investitionen und viele Privatanleger sehen sich erstmals seit Jahren mit spürbaren Kursverlusten konfrontiert.

Wie geht es weiter?

Wir sehen drei mögliche Entwicklungspfade für die kommenden Monate und erläutern, warum wir derzeit eine volatile Seitwärtsbewegung als das wahrscheinlichste Szenario einschätzen.

Basisszenario: Seitwärts mit Schwankungen

Eine klare Richtung ist zur Zeit nicht erkennbar: Zu volatil und inkonsistent sind die aktuellen handelspolitischen Massnahmen und Ankündigungen. Entsprechend dürfte der Markt in den kommenden Monaten zwischen Hoffnung und Skepsis pendeln. Politische Schlagzeilen, Wirtschaftsdaten und Zentralbank-Kommentare werden für anhaltend hohe Volatilität sorgen.

Stabilisierende Faktoren:

  • Viele Sentiment-Indikatoren signalisieren extreme Verkäufe – typischerweise ein Hinweis auf überverkaufte Märkte und mögliche Gegenbewegungen
  • Erste Gespräche mit zahlreichen Ländern zeigen Verhandlungsbereitschaft, was Hoffnung auf Entspannung im Handelskonflikt weckt
  • Das Konsumverhalten wohlhabender Haushalte bleibt laut Kreditkartendaten der Bank of America stabil – bislang keine negativen „Wealth Effects“ trotz Börsenrückgang
  • Gemäss Bloomberg Economics dürfte das Wirtschaftswachstum trotz weniger Dynamik positiv bleiben

Belastende Faktoren:

  • Die bestehenden Zölle verstärken die Deglobalisierung – mit langfristig negativen Folgen für Produktivität und Handel
  • Breite Revision der Wachstumserwartungen belastet das Markt-Sentiment
  • Frühindikatoren am Arbeitsmarkt zeigen erste Schwächen, etwa bei Neueinstellungen
  • Inflationserwartungen steigen wieder stark an
  • Der Federal Reserve sind die Hände gebunden – klare geldpolitische Impulse fehlen
  • Kapitalabflüsse drohen, da die USA als Investitionsstandort an Attraktivität verlieren

Die positiven und negativen Kräfte halten sich derzeit in etwa die Waage. Das spricht für eine Fortsetzung des volatilen Seitwärtstrends – ohne klaren Trend, aber mit hoher Anfälligkeit für neue Impulse.

Positives Szenario: Die schnelle Erholung

Im optimistischsten Fall werden die Zölle vollständig zurückgenommen. In diesem Szenario würden sich die Märkte rasch vom jüngsten Rückschlag erholen.

Voraussetzungen:

  • Fortschritte in den Zollverhandlungen, insbesondere mit China
  • Robuste Unternehmenszahlen, vor allem aus wachstumsstarken Sektoren
  • Unterstützende Massnahmen der Zentralbanken (z. B. Zinssenkungen oder Liquiditätshilfen)
  • Eine Erholung der Anlegerstimmung und Rückkehr der Kaufbereitschaft

Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die jüngsten Marktschwankungen bereits ihre Spuren hinterlassen haben. Viele Investitionen dürften vorerst aufgeschoben worden sein, da die Planungssicherheit erheblich gelitten hat. Die Wachstumserwartungen vom Jahresbeginn erscheinen damit kaum realistisch.

Negatives Szenario: Längere Schwäche oder Rezession

In diesem Fall markiert der Börsenschock den Beginn einer tiefergehenden wirtschaftlichen Abschwächung. Die Handelskonflikte verfestigen sich, das Vertrauen schwindet, die Weltwirtschaft gleitet in eine Phase der Stagnation oder sogar in eine Rezession.

Voraussetzungen:

  • Ausweitung des Zollregimes, Gegenmassnahmen anderer Länder.
  • Unternehmen investieren weniger, Konsum schwächt sich ab.
  • Notenbanken reagieren zu spät oder gar nicht.
  • Politische Unsicherheiten nehmen weiter zu.

Auch wenn dieses Szenario grundsätzlich denkbar ist, gilt es derzeit als wenig wahrscheinlich. Donald Trump, der zentrale Treiber hinter der Zollpolitik, hat kein Interesse an einer von ihm ausgelösten Rezession, insbesondere nicht im Hinblick auf eine mögliche Wiederwahl. Vielmehr sind die Zölle als Druckmittel in Verhandlungen zu verstehen, nicht als langfristig zementierte Massnahmen. Eine tiefergehende wirtschaftliche Schwäche würde seine politische Ausgangslage empfindlich schwächen, entsprechend dürfte er versuchen, eine weitere Eskalation zu vermeiden.

Wie sollen sich Anleger aktuell positionieren?

In einem volatilen Umfeld kommt es auf Stabilität, Flexibilität und gezielte Chancenorientierung an. Unsere Positionierung ist entsprechend darauf ausgerichtet, Chancen zu nutzen aber auch Volatilität zu minimieren.

Fokus auf Qualität und Dividendenstärke
Wir setzen bewusst auf Unternehmen mit soliden Geschäftsmodellen, stabilen Cashflows und nachhaltiger Dividendenpolitik. Qualitätsdividendenwerte bieten nicht nur laufende Erträge, sondern auch ein Mass an Resilienz, das sich in schwierigen Marktphasen bewährt.

Versorgeraktien
Versorger profitieren von stabilen, konjunkturunabhängigen Ertragsströmen und bieten dadurch einen wertvollen defensiven Baustein im Portfolio. Gerade in Phasen wirtschaftlicher Abschwächung liefern sie Stabilität und häufig auch überdurchschnittliche Ausschüttungen.

Schweizer Aktien
Schweizer Unternehmen stehen für hohe Qualität, Innovationskraft und globale Präsenz. Die Kombination aus politischer Stabilität, starker Währung und international wettbewerbsfähigen Konzernen macht Schweizer Aktien zu einem robusten Kernbestandteil in unsicheren Zeiten.

Liquidität
Wir halten derzeit bewusst einen hohen Puffer an Liquidität in den Portfolios. Diese Reserve dient nicht als Rückzugsort, sondern als taktische Option: Sie ermöglicht es uns, flexibel auf Marktverwerfungen zu reagieren und gezielt Chancen zu nutzen, wenn sie sich bieten.

Strategisch denken, taktisch handeln
Wir bleiben der langfristigen Strategie treu, reagieren aber gezielt auf Marktbewegungen. Kurzfristige Rückschläge sehen wir nicht als Grund zur Panik, sondern als Gelegenheit, Positionen in Qualitätswerten zu attraktiven Bewertungen aufzubauen oder auszubauen.

Gold als strategische Absicherung
In einem geopolitisch und geldpolitisch angespannten Umfeld bleibt Gold eine verlässliche Absicherungskomponente. Die geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen stärkt die Stabilität des Gesamtportfolios,  insbesondere in Stressphasen an den Märkten.

Fazit: Ruhe, Weitblick und Strategie

Die aktuelle Marktphase ist zweifellos herausfordernd: Politisch aufgeladen, wirtschaftlich unsicher und von hoher Volatilität geprägt. Doch gerade in solchen Zeiten zeigt sich der wahre Wert einer langfristig ausgerichteten Anlagestrategie. Wer mit Augenmass agiert, Qualität bevorzugt und seine Anlage breit aufstellt, schafft die Grundlage, nicht nur Risiken zu begrenzen, sondern auch Chancen gezielt zu nutzen.

Wichtig ist dabei, flexibel zu bleiben. Marktrückgänge können im Extremfall dazu führen, dass die Aktienquote unter das strategisch angestrebte Niveau fällt - nicht durch aktives Handeln, sondern allein durch sinkende Kurse. Genau für solche Situationen halten wir gezielt Liquidität vor: Sie erlaubt es uns, bei attraktiven Bewertungen gezielt aufzustocken und das Portfolio wieder im Sinne der übergeordneten Strategie auszubalancieren.

Als Vermögensverwalter beobachten wir solche Entwicklungen sehr genau und greifen dort ein, wo Marktverwerfungen taktische Anpassungen erfordern. Immer mit dem Ziel, langfristig orientiert und im Interesse unserer Kundinnen und Kunden zu agieren.

Auch wenn die kurzfristige Richtung offen bleibt: Der Markt belohnt langfristig Investoren, die diszipliniert bleiben, umsichtig diversifizieren und ihre Strategie konsequent verfolgen, mit der nötigen Flexibilität, dort zu handeln, wo sich Gelegenheiten bieten.

Wichtig dabei bleibt der Blick über den Tellerrand: Ungeachtet der aktuellen Turbulenzen schreitet die technologische Entwicklung weiter voran. Insbesondere der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz verspricht in den kommenden Jahren erhebliche Produktivitätsgewinne. Ein struktureller Wachstumstreiber, der langfristig positive Impulse für Wirtschaft und Märkte setzen dürfte.

Appendix & Disclaimer

Mit SoundInsights beurteilen wir systematisch und konsistent die Aspekte, die für die Entwicklung der Finanzmärkte relevant sind. In der Folge können sich unsere Kunden auf eine rationale und antizyklische Umsetzung unserer Anlageentscheidungen verlassen.

  • Konzentration auf das Wesentliche
    Zinsniveau, Risikoaufschlag, Bewertung, Wirtschaftsentwicklung, Anlegerstimmung und -positionierung. Das sind die zentralen Faktoren. Sie entscheiden über den Erfolg an den Finanzmärkten. Besonders in turbulenten Zeiten, wenn die Versuchung besonders gross ist, irrational den Schlagzeilen hinterherzulaufen.

  • Vergleichbarkeit über Ort und Zeit
    Die genannten Faktoren sind für alle Märkte und zu jeder Zeit gleichermassen relevant. Dies ergab sich aus einem strengen «Backtesting», welches sich rollend in die Zukunft fortsetzt.
  • Bündeln unserer kumulierten Anlageerfahrung
    Unsere Stärke liegt in den langjährigen Erfahrungen unserer Partner und Principals. Genau diese Erfahrungen fassen wir zusammen und machen sie mittels SoundInsights anwendbar.
  • Transparenz
    Durch die monatliche Publikation wissen unsere Kunden stets, wo wir im Anlagezyklus stehen und wohin die Reise an den Finanzmärkten geht.

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Datenquelle: Bloomberg, BofA ML Research

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